Happy Birthday, Wellensalat!

90 Jahre Radio!

Nein, ich war nicht von Anfang an dabei, Ihr Frechdachse, aber es ist ein weiteres Mal eine gute Gelegenheit, in die große Erzählkiste zu greifen und Erinnerungen zutage zu fördern.

Meine phonetische Erstausstattung in sehr jungen Jahren waren ein Mono-Radio sowie ein einfacher Kassettenrekorder mit anschließbarem Mikrofon. Wenn einem also ein Liedlein gefiel, musste man es über das Mikrofon vom Mono-Lautsprecher aus aufnehmen und sich dabei keine Gedanken über die eher unterdurchschnittliche Klangqualität machen. Viel wichtiger dabei war es, dafür zu sorgen, dass keine weiteren unerwünschten Lärmquellen dazwischenkamen. Sollten noch die entsprechenden Kassetten vorhanden sein, fände ich bestimmt noch mehrere Stücke, die als Special Soundeffect ein mütterliches „Essen ist fertig!“ beinhalteten. Als ich nach einiger Zeit den ersten Radio-Recorder bekam, war dies wie das Betreten einer neuen Welt.

Wenn man zielgerichtet bestimmte Stücke mitschneiden wollte, empfahl es sich, am besten auf die wöchentliche Hitparade zu warten in der Hoffnung, das jeweilige Stück sei auch soweit vorne platziert, dass es ausgespielt würde. Ich weiß noch, wie ich unzählige Wochen darauf wartete, dass endlichendlich mal Tubeway Army mit „Are Friends electric?“ in den Top 10 Einzug hielten. Woche um Woche enttäuschte mich jedoch Herr Reincke in der „Hitparade International“ des Hässlichen Rundfunks, bis es eines Tages dann doch wahr wurde. Wenn dann das eingelegte Band leider nicht mehr genug Freiplatz hat, um auch die letzten 40 Sekunden des Stücks aufzunehmen, lernt man bereits früh, mit den Schicksalsschlägen des Lebens umzugehen und sich einen ironisch-lakonischen Humor zuzulegen.

Hessischer Höhepunkt des Radiojahres war der an den Weihnachtsfeiertagen ausgestrahlte „Hit-Container“, für den man sich Titel wünschen konnte, und der dann tatsächlich 2 Tage lang Wunschprogramm sendete und die Playlist bereits vorher in den Zeitungen abgedruckt wurde, damit man wusste, wann man sich bereithalten musste, wenn man endlich mal das Titelthema der „Straßen von San Francisco“ (6:25 Uhr an einem Feiertag??? gehts noch?), Zager & Evans‘ „In the Year 2525“ oder ähnliche Stücke, die selten gespielt wurden, mitschneiden wollte. Das feiertägliche Familienprogramm mit Verwandtenbesuchen und anderen orgasmischen Vergnügungen wurde dadurch fast gar nicht wesentlich beeinträchtigt. Am Ende der Feiertage hatte man mit Glück 2 bis 3 C90-Kassetten mit Musik befüllt und wars zuächst zufrieden. Hätte man nicht um 21:55 Uhr dringend auf Toilette gemusst, hätte man auch noch Das Titelthema zu „War of the worlds“ dabeigehabt, hmm …

Jetzt aber wirklich genug mit sentimentalen Erinnerungen aus der Steinzeit. Hoch lebe das Radio, aber nicht das dusselige Formatradio mit den immergleichen 80 Titeln, die immer öfter gespielt werden je öfter sie laufen!

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